„Uns bewegte die Meisterprüfung, die ganze Welt die Mondlandung“ Fahren Sie mit der Maus über das Bild. Info = Mauspfeil wird zur HandDas Bild hat beschriftete Bereiche.
 Bereiche anzeigen

Sieben Gärtner-Meister der Fachrichtung Obstbau erhielten Goldenen Meisterbrief.

ROLANDSWERTH/WACHTBERG. Inzwischen ist es 50 Jahre her, dass 20 junge Obstbauern, die nach zwei Wintersemestern in der Landwirtschaftsschule in Bonn-Duisdorf von ihren Lehrern Leipold und Rüger die Zulassung zur Meisterprüfung erhielten und diese dann auch bestanden. Damals im Juli 1969 wurden genau an dem Tag, an dem die Welt die ersten Menschen auf dem Mond erlebte, vom Königswinterer Franz Bellinghausen und seinen Prüferkollegen die Meisterprüfung im Gärtnerberuf Fachrichtung Obstbau“ abgenommen. „Uns bewegte damals wirklich nur die Meisterprüfung, während die ganze Welt die Mondlandung im Fernsehen verfolgte“ schilderten jetzt auf der Terrasse des Rolandsbogen sieben der neun noch lebenden Obstbau-Meister ihre Erinnerungen. Kreisgärtnermeister Johannes Auen jun. (Wachtberg) nahm erstmals die Überreichung der Goldenen Meisterbriefe an die Altmeister vor, lobte das Engagement bei Ausbilder- und Prüfertätigkeiten im Rahmen von Gehilfen- oder Meisterprüfungen, als Ratgeber bei betrieblichen Entscheidungen, als Kollegen in Gremien der Landwirtschaftskammer in den vergangenen Jahrzehnten. Auch bei verschiedenen Genossenschaften oder Fachverbänden, als Kommunalpolitiker oder als Mitautor der „Geschichte des rheinischen Obstbaus“ und als Museumskurator im virtuellen Obstbaumuseum (www.obstbau-museum-rheinland.de) haben sich die früheren Obstbauern mit eingebracht beziehungsweise engagieren sich auch heute noch.

Franz Bellinghausen aus Königswinter-Oberpleis, der vor fünfzig Jahren dem Prüfungsausschuss angehörte und besagtes virtuelles Obstbau-Museum mit Anton Dick und Elmar Schmitz-Hübsch sowie weiteren Helfern aufgebaut hat, scherzte bei der Überreichung der Goldenen Meisterbriefe, dass alle Anwesenden bei den Prüfungen damals sehr gute Leistungen präsentiert hätten. Dass die gute Leistung sich dann im eigenen Betrieb bewährte, gab es sofort als Bestätigung. Auffällig ist zudem die Konzentration der Gärtnermeister im Bereich Meckenheim-Altendorf und Ersdorf sowie Gelsdorf. Einer der damaligen Meister war in Wachtberg tätig.

Meist verpachteten die Obstbauern ihre Flächen mit dem Ruhestands-Beginn.

Anton Dick aus Meckenheim-Altendorf hat heute seinen Betrieb genau wie viele andere Altmeister der Branche verpachtet. Der Großvater von Dick wurde in der Region im Jahr 1902 dadurch bekannt, dass er die erste Hochstamm-Obstanlage anlegte. „Heute sind es Niederstamm-Plantagen, die den passenden Ertrag erbringen“ äußerte der erfahrene Obstspezialist, der genau wie die weiteren anwesenden Meister Äpfel und Birnen anbaute. Hermann-Josef Nöthen aus Altendorf kam über den Nebenerwerbsbetrieb im Alter von 50 Jahren zum Vollerwerbsbetrieb, investierte viel Kapital in seine Obstkulturen und den Hagelschutz. Der Vater von Hermann-Josef Nöthen war Schneider und seine Mutter kam von einem Bauernhof, erbte einen Landanteil und Sohn Nöthen begann mit Obstbau im Nebenerwerb und baute diesen zu einem Vollerwerbsbetrieb aus.

Josef Schmitz, ebenfalls aus Altendorf, engagierte sich während seiner aktiven Zeit um eine ähnlich große Fläche und bedauerte etwas, dass seine Kinder wegen anderweitiger Interessen nicht in den Betrieb eingestiegen sind.

Auch die Kinder von Karl-Heinz Schmitz aus Gelsdorf, der viele Jahre im Prüfungsausschuss der Fachrichtung Obstbau mitwirkte, verzichteten auf die Übernahme des Obstbaubetriebes. Schmitz selbst dagegen war bedingt durch seinen Vater, der im Jahr 1920 die erste Obstanlage südlich des Kottenforstes bewirtschaftete, in den Betrieb „hineingewachsen“. Und als ganz besonderes Erlebnis schilderte Schmitz, dass ein Teil seiner Birnenplantagen im Jahr 1970 dem Bau der Autobahn 61 weichen musste.

Mit Sohn Philip gehört Hans-Peter Wißkirchen aus Ersdorf zu den Obstplantagen-Eigentümern, die einen Nachfolger aus der eigenen Familie für die Betriebsübernahme gefunden haben. Mit dem Schicksal, dass Ernten, wie die Ernte des Jahres 2017 durch die seinerzeitigen Frostnächte im April oder durch Hagelschlag, wie um die Pfingsttage 2019 schlagartig klein oder komplett ausfallen, haben alle Obstbaubetriebe der Region alle zu hadern.  In diesem Frühjahr waren es vornehmlich alte Obstbäume, die zu früh blühten und dann durch Frost geschädigt wurden. Junge Bäume blühten später, ergänzte Hans-Peter Wißkirchen, und entkamen damit dem Frostproblem in der Blütephase.

Für Alfons Henseler aus Wachtberg-Niederbachem sprach die ökonomische Entscheidung dafür, den Obstbaubetrieb im Bereich des heutigen Henseler Hofes nicht bis zur Rente im Hauptberuf zu führen. Bei Henseler wurde frühes Obst, Pfirsiche und Aprikosen sowie Beerenfrüchte angebaut. Sogar in die USA reiste der Gärtnermeister zur eigenen Ausbildung und bildete in Niederbachem viele Obstgärtner aus. Alfons Henseler wechselte schließlich nach Bankausbildung und DB-Filialleiter-Engagement in Bonn zur Deutschen Bank nach Frankfurt und erzählte, dass auf seinem dortigen Schreibtisch die Eurocard entstand. Vom Obstbau zum großen Geld könnte man diese Geschichte nennen, wenn man nicht hinter die Kulissen der heutigen Obstanbaubetriebe schauen würde.

Ernte-Mißerfolge können den Betrieb schnell in Schieflage bringen. Die Vermarktung über Genossenschaft und Großmarkt sind ein anderes Thema. 25 Prozent der Ernte darf heute selbst vermarktet werden, sagt Johannes Auen. Und hierbei hat der Verbraucher die Superfrische-Garantie im nahegelegenen Obstbaubetrieb und was Verbraucher auch bedenken sollten, ergibt sich aus dem Motto „Aktive Obstbauern bieten regionale Produktion und dies ist gelebter Klimaschutz“. Das Obst aus der Region ist einfach Klasse und im Lebensmittelhandel sollte dies noch besser gekennzeichnet werden, äußerten die Obstbauspezialisten. (scv)

 
 
Kreisgärtnermeister Johannes Auen jun. (Wachtberg) nahm erstmals die Überreichung der Goldenen Meisterbriefe an die Altmeister vor.

 

Jubilare:
Walter Adams, Meckenheim, Anton Dick, Meckenheim-Altendorf, Josef Heinrichs, Meckenheim-Altendorf, Alfons Henseler, Königsstein, Hermann-Josef Nöthen, Josef Schmitz, Meckenheim-Altendorf, Karl-Heinz Schmitz, Grafschaft-Gelsdorf, Hans-Peter Wißkirchen, Meckenheim-Ersdorf, Gast: Franz Bellinghausen aus Königswinter-Oberpleis als ehemaliger Prüfer in 1969

Anlaß: Ablegen der Gärtnermeisterprüfung, Fachrichtung Obstbau am 21. Juli 1969 in Krefeld

Laudatio

Sehr geehrte Herren,
vor 50 Jahren, am 21.Juli 1969, haben Sie auf dem Großhüttenhof in der Nähe von Krefeld Ihre Meisterprüfung abgelegt. Dafür darf ich Sie heute hier stellvertretend für den Landwirtschaftskammerpräsidenten von NRW, Herrn Karl Werning, mit dem Goldenen Meisterbrief ehren.

Bitte erlauben Sie mir ein paar kurze Sätze des Dankes und der Anerkennung! Dass leider von Ihrer damaligen Meisterklasse in Duisdorf und Ihrem Prüfungsjahrgang nur noch 9 von 20 Mitschüler leben, zeigt schon das Besondere dieser Ehrung. Besonders ist aber auch, dass Sie, Herr Bellinghausen, als ehemaliges Prüfungsausschussmitglied hier dabei sein können. Schließlich ist für mich persönlich als Kreisgärtnermeister diese Ehrung auch ganz besonders, weil ich zum ersten Mal Kollegen aus meiner Fachrichtung, dem Obstbau ehren darf. Der Obstanbau konnte sich ja erst im letzten Jahrhundert durch moderne Anzuchtmethoden wie den Niederstamm und neue ertragreiche Sorten zu einer eigenständigen Sparte des Gartenbaus und der Landwirtschaft entwickeln.

In Ihrer Jugend gab es allein in den beiden Dörfern Altendorf und Ersdorf noch 60 Betriebe mit Obstanbau. In zwei Wintersemestern an der Landwirtschaftsschule Duisdorf konnten Sie bei Ihren Lehrern, Herrn Leipold und Herrn Dr. Rüger, Ihre Zulassung zur Meisterprüfung erlangen. Am 21. Juli 1969 standen 20 junge Obstbauern vor Herrn Bellinghausen und seinen Prüferkollegen. Es war der Tag der Mondlandung, der ja vor allem ein Höhepunkt des technischen Fortschritts war. Aber auch für unseren rheinischen Obstbau war Ihre Prüfung ein Fortschritt, denn Ihre Lehrer hatten den Schwerpunkt der Ausbildung auf die Betriebswirtschaftslehre gelegt. So hatten Sie durch das Kalkulieren der einzelnen Arbeitsabläufe das Rüstzeug, Ihre Betriebe zu führen, aber auch vor allem früh genug Fehlentwicklungen zu erkennen.

Allein, dass Sie die Meisterprüfung zu dieser Zeit schon angestrebt haben, aber auch dass Sie alle, die Sie hier sind, bis zu Ihrem Rentenalter noch selbstständig tätig waren, zeigt Ihren Erfolg und Ihr positives Beispiel für unsere Gesellschaft. Früher war nicht Alles besser und heute gibt es auch noch Vieles zu verbessern. Sie haben aber für uns, die nächste Generation, viel zum Besseren bewegt. Darüber hinaus möchte ich v. a. auch hervorheben, dass Sie in meinem und in dem Leben vieler Kollegen Spuren hinterlassen haben: Durch Tätigkeiten als Ausbilder, als Prüfer bei Gehilfen- oder Meisterbrief, als Ratgeber bei betrieblichen Entscheidungen, als Kollege in Gremien der Landwirtschaftskammer, der versch. Genossenschaften oder Fachverbände, als Kommunalpolitiker, als Mitautor der „Geschichte des rheinischen Obstbaus“ und als Museumskurator in unserem virtuellen Obstbaumuseum.

www.obstbau-museum-rheinland.de

Vor diesen ehrenamtlichen Tätigkeiten ziehe ich gerne meinen nicht vorhandenen Hut. Dies hat bedeutet und bedeutet noch Öffentlichkeitsarbeit für unseren Beruf. Vielen Dank dafür!

Ausklang in gemütlicher Runde im Restaurant "Zum Rolandsbogen"

Von links nach rechts: Karl-Heinz Schmitz, Franz Bellinghausen, Hans-Peter Wißkirchen, Anton Dick, Herman-Josef Nöthen, Josef Schmitz, Alfons Henseler.

Bild von 2019
Text- und Bildbearbeitung: Franz Bellinghausen
Quelle: Fotos und Bericht: Alfred Schmelzeisen
Zur Verfügung gestellt von Alfred Schmelzeisen und Anton Dick
Marker Zum Bericht im General-Anzeigers vom 18.07.2019

Raum: Auszeichnungen/Urkunden
Dieses Bild wurde 3711 Mal angesehen
Datensatz 11455 wurde zuletzt bearbeitet von fb/ad/fb am 16.02.2024 um 17:43 Uhr
Nachricht Information / Anmerkung zum Bild verschicken